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Kurz
und knapp |
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Magersucht
und Bulimie -
Teeny-Krankheiten? |
Bei Prüfungsstress
nichts mehr essen, bei Liebeskummer Schokolade in sich hineinstopfen,
Sportmachen, um an den Problemzonen abzunehmen. Wer kennt das nicht? Essstörungen
im ersten Grad. Wann aber werden Ess- und Magersucht
zur Krankheit? Wie soll man als Lehrer reagieren, wenn man bei Schülern einen
entsprechenden Verdacht schöpft?
Etwa 60 bis 70 Prozent
aller Frauen haben Schwierigkeiten mit ihrem Essverhalten. Magersüchtig oder
bulimiekrank sind allerdings "nur" ein bis zwei Prozent. Die
Statistiken geben häufig nur Zahlen für Frauen an. Gleichwohl leiden aber auch
Männer an falschen Essgewohnheiten. Essstörungen und Schlankheitsideale werden
in ihren Kreisen jedoch nicht so stark thematisiert und zur "Mode"
gemacht.
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Magersucht
ist ein Hungern nach Anerkennung |
Dass Magersucht
und Bulimie etwas mit
einem Schlankheitstick zu tun haben, ist ein Ammenmärchen. Sicherlich beginnt Magersucht
mit einer einfachen Diät. Man findet sich zu dick und hungert daher. Gerade
hinter Magersucht steckt
aber oftmals ein schwerwiegendes psychisches Problem.
Magersüchtige hassen häufig
sich und ihren Körper. Sie fühlen sich als Versager und meinen, für niemanden
etwas wert zu sein. Sie verweigern sich das Essen, empfinden schließlich das
Hungern als Normalzustand oder als Symbol für Stärke und Tapferkeit. Im Grunde
genommen hungern sie nach Anerkennung und Zuneigung. Sie suchen Aufmerksamkeit,
unter Umständen Hilfe, weil sie mit bestimmten Problemen nicht fertig werden.
Da können auch Ängste oder Traumata eine Rolle spielen, wie zum Beispiel die
Angst vor der eigenen körperlichen, pubertären Entwicklung oder Erinnerungen
an körperlichen Missbrauch und seelische Gewalt.
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Bulimie
ist eine Fress- und Kotzsucht |
Bulimiker nehmen ab, weil
sie das, was sie essen wieder auskotzen. Am Anfang scheint das Kotzen eine
perfekte Lösung zu sein. Sie können essen, ohne dabei zuzunehmen. Doch bald
wird das scheinbar endlos mögliche Essen zu einer Sucht. Gierig stürzen sie
sich auf Essen, veranstalten Fressorgien und nehmen dabei noch nicht einmal zu.
Letzten Endes kotzen sie eh alles wieder aus. Das geht so weit, dass der Körper
gar nichts mehr bei sich behalten kann. Er kotzt von selbst und gibt alle
lebenswichtigen Nährstoffe, die er aufgenommen hat, wieder ab.
Bulimie
ist eine fatale Sucht. Schließlich besteht die Heilung nicht darin, dass man
abstinent wird wie beim Rauchen oder Alkoholismus. Der Bulimiekranke wird sein
Lebtag lang mit seiner Krankheit konfrontiert, er muss ja stets weiteressen, nur
darf er nicht zu viel und zu genüsslich essen.
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Schüler nie direkt auf ihre
Krankheit ansprechen |
"Der Übergang von
sogenannten jugendlichen Bulimie-
oder Magersucht-Episoden
aus Liebeskummer zur richtigen Krankheit ist fließend", sagt Andreas
Schnebel, therapeutischer Leiter der Psychosozialen Beratungsstelle ANAD in München.
Fast jeder habe schon einmal Zeiten durchgemacht, in der er Essen entweder in
sich hineingestopft hat oder es sich verweigert hat. Kritisch wird es, so
Schnebel, wenn ein Schüler immer unkonzentrierter wird. Wenn seine Gesprächsthemen
nur noch um Themen wie Diäten, Abnehmen oder gar mögliche Schönheitsoperationen
kreisen.
Schöpft man als Lehrer
Verdacht, dass ein Schüler magersüchtig oder bulimiekrank ist, emp120fiehlt
Schnebel, erst einmal das Maß der Vertrautheit abzuwägen. Oft wollen Magersüchtige
oder Bulimiker ihre Krankheit geheim halten oder verleugnen sie. Es hat also
keinen Sinn, Schüler direkt auf ihre mögliche Krankheit hin anzusprechen.
Lieber behutsam auf den Schüler zugehen, ihn darauf aufmerksam machen, dass
wohl irgendetwas in seiner Umgebung nicht ganz stimmt und ihn auf passende
Internetseiten oder Broschüren verweisen, so Schnebel. Als Vertrauensperson
sollte man dem Schüler ein Gesprächsangebot machen und ihm vor allem das
Versprechen geben, ihn weder an Freunde noch an die Eltern zu verraten.
Schließlich warnt
Schnebel vor zu viel Enthusiasmus und Energie: "Man wird von einem kranken
oder gefährdeten Schüler sicherlich nicht gleich angenommen. Es ist nicht
ungewöhnlich, die erste Zeit erst einmal abgeblockt zu werden." Bei der
Auswahl an Anlaufstellen solle man sehr genau sein. Besser sei es, so Schnebel,
spezialisierte Beratungsstellen als unvorbereitete Hausärzte anzuvisieren.
Eines sollte man dabei nie aus dem Kopf verlieren: Wörter wie
"Krankenhausaufenthalt" oder "Jugendpsychiatrie" sind tabu.
Sie wirken bedrohlich und abschreckend und helfen einem heilungswilligen Schüler
wohl kaum.
Sind Schüler bereits von
Krankheitssymptomen betroffen, ist es für Lehrer nicht immer leicht, angemessen
auf sie einzugehen. Wie bei allen Suchtkrankheiten ist es wichtig, das Themen frühzeitig
anzusprechen. Sinnvoll ist es daher, das Problem der überzogene
Schlankheitsideale in unserer Gesellschaft und das Verweisen auf andere persönliche
Werte und Charakterstärken präventiv im Unterricht zu thematisieren.
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Filme zum Thema verkauft das Institut für Film und Bild in Wissenschaft und
Unterricht (FWU) an: |
Magersucht.
Im Kampf mit dem eigenen Körper 22 Min., Farbe, Best.-Nr.: VHS 42 02541 - Bulimie.
Wenn Essen zum Zwang wird. 22 Min., Farbe, Best.-Nr.: VHS 42 02542
FWU, Bavariafilmplatz 3,
82031 Grünwald Tel.: 089 / 64 97 - 1; Fax: 089 / 64 97 -
240 Internet:
www.fwu.de
Autorin: Irmgard
Flaig
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Irmgard Flaig
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